Neuer Werkraum an der Bongaschule
Im April 2013 startete das Ehepaar Decker-Lehwald aus Olpe eine ungewöhnliche Reise an die Bongaschule für ein sehr ehrgeiziges und innovatives Projekt.
Mit tatkräftiger Hilfe von Wolfgang Decker, der in seiner aktiven Berufszeit eine Restaurationswerkstatt in Olpe betrieben hatte, wurde dort jetzt ein Werkraum eingerichtet. Dieser ermöglicht es der Schule in Zukunft selbst kleinere Reparaturarbeiten zu erledigen. Darüber hinaus wurden 15 Arbeitsplätze geschaffen, um Schülern die Möglichkeit zu geben, neben der normalen Schulausbildung auch praktische Fähigkeiten zu erlernen, zunächst einmal die Basisgrundlagen für das Schreiner- und Zimmererhandwerk.
Die Einrichtung der Werkstatt gestaltete sich schwieriger als gedacht. Ausgangspunkt war ein leerer Raum von ca. 60qm ohne Licht und elektrische Anschlüsse und ohne Werkzeug. Grundwerkzeug wie Hammer, Zange und Schraubenzieher wurden zuerst in einem Supermarkt besorgt. „In diesem Teil Südafrikas gibt es nicht wie bei uns schnell erreichbare Baumärkte, wo man alles was man braucht, in kürzester Zeit ordern kann.“
Für das Ehepaar galt es erst einmal zu recherchieren, wo bekomme ich was. Sie mussten z.T. sehr lange Wege mit dem Auto zurücklegen, um die notwendigen Maschinen und Werkzeuge in den unterschiedlichsten Geschäften in den unterschiedlichsten Orten zu besorgen.
„Die Straßen sind längst nicht alle geteert, ganz abgesehen von der Gewöhnung an den Linksverkehr. Man muss höllisch aufpassen, dass man nicht in eins der unzähligen Schlaglöcher hineinfährt. Reifenwechsel bei Temperaturen zwischen 25 und 30 Grad auch in der Winterzeit an einer staubigen baumlosen Straße ist nicht gerade ein Vergnügen,“ meint Herr Decker. „Wir hatten einen nicht ungefährlichen Reifenwechsel auf einer Straße, die einen großen Tierpark durchschneidet. Normalerweise darf man dort nicht aussteigen, weil große Tiere wie Elefanten, Löwen, Rhinozeros die Straße queren. Schwester Marlene, die Projektleiterin der Schule, und meine Frau betätigten sich während dieser Zeit als Wildbeobachter, die mich rechtzeitig vor herannahenden Tieren warnten.“
Weil der Kauf von Werkzeug und Maschinen recht zeitraubend war und die Zeit drängte, funktionierte Herr Decker die Terrasse seiner Unterkunft kurzerhand in eine Werkstatt um und schreinerte dort mit einem Grundwerkzeugkasten aus dem Supermarkt einen Werkzeugschrank für den Werkraum.
Die notwendigen elektrischen Leitungen für den Werkraum legte währenddessen ein Mathematiklehrer, der über das notwendige Knowhow verfügte.
Nach mehr als drei Wochen konnten endlich die ersten Maschinen wie Kreissäge und Hobelmaschine (gekauft in Richards Bay ca. 180 km entfernt) installiert werden, mühselig von Herrn Decker aus Einzelteilen zusammen gebaut. Statt teure Werkbänke zu kaufen, fertigte ein Schweißer ein Untergestell aus Metall, die Holzauflage schreinerte Herr Decker. Die dazu benötigten Holzbohlen mussten rd. 160 km transportiert und in der Werkstatt zugeschnitten und gehobelt werden.
Unterstützung erhielt Herr Decker von 2 einheimischen Mitarbeitern der Schule, die er in einem Schnelldurchgang in die Geheimnisse des Schreinerhandwerks einwies.
Nach sechs Wochen Aufenthalt war das Ziel erreicht. Der Werkraum war mit Maschinen und Werkzeugen ausgestattet. Das Werkzeug für 15 Schüler war geordert, pro Werkkasten 23 Einzelwerkzeuge.
Während Herr Decker sich handwerklich betätigte, gab seine Frau Gisela Lehwald, gelernte Lehrerin, Deutschunterricht. „So wurden wir nach kurzer Zeit morgens auf dem Schulplatz von den Schülern mit Guten Morgen begrüßt“,schildert Frau Lehwald. „Die Mentalität der afrikanischen Schüler ist sehr verschieden von der deutschen. Sie zeigen eine überschäumende Lebensfreude. Singen und Tanzen ist für sie elementar. So musste ich während des Unterrichts auf Drängen der Schüler ein deutsches Lied singen, der Jahreszeit entsprechend: der Mai ist gekommen.“
Abschließend stellt das Ehepaar Decker-Lehwald fest:
„Die sechs Wochen in Südafrika, ohne Fernsehen, Internet und Zeitung haben uns, wieder mehr bewusst gemacht, was wirklich wichtig ist im Leben. Dass Dinge wie sauberes Wasser, Schulbesuch, ausreichende Ernährung nicht selbstverständlich sind. Die Herzlichkeit, Lebensfreude und Gastfreundschaft, die wir erleben durften, haben uns tief beeindruckt. Es ist auch schön, einen klitzekleinen Beitrag zum Aufbau eines neuen Afrikas beigetragen zu haben. Ganz im Sinne des früheren südafrikanischen Präsidenten Mandela, der einmal sagte: Bildung ist die stärkste Waffe, die Welt zu verändern.“