Interview mit dem Schulleiter

Das folgende Interview mit Schulleiter Mr. Xaba wurde 2009 von der Jahrbuch-Redaktion Let´S GO durchgeführt. Mr. Xaba war der Einladung von Dr. Gerd Reichenbach zu seinem 60. Geburtstag gefolgt und besuchte das Städtische Gymnasium Olpe.

Mr. Xaba (Schulleiter Bonga High Scholl) und Mr. Mthethwa (Schulleiter Grundschule) begutachten das Jahrbuch des Städtischen Gymnasiums, überbracht vom Lehrer Marco Selent


Das Interview:

Wie lange sind Sie, Herr Xaba, schon Leiter der Bonga- School?
“Seit mehr als zehn Jahren arbeite ich als Schulleiter an der Seite von Herrn Mthethwa.”

Warum haben Sie sich für diesen Beruf entschieden?
“Es war immer mein Wunsch, Lehrer zu werden und mit Jugendlichen zu arbeiten. Deshalb bin ich Lehrer geworden. Die Berufung zum Schulleiter ist nicht so leicht zu erklären. Denn in Südafrika ist es in Regionen, aus denen ich stamme, nicht nur die eigene Entscheidung, die zählt. Ich bin mehr oder weniger von den Inspektoren, die unsere Schule regelmäßig besuchen und überwachen, darum gebeten worden, mich dieser Aufgabe anzunehmen.“

Welches Fach unterrichten Sie?
“Ich unterrichte Erkunde, natürlich auf Englisch. An unsere Schule werden alle Fächer bis auf Zulu in Englisch gelehrt. Es ist sehr wichtig für unsere Schüler, die Weltsprache Englisch zu lernen und zu sprechen. Aber wir sind natürlich auch stolz auf unsere Heimatsprache. Und so unterrichte ich auch Zulu und freue mich immer sehr darauf, mich mit unseren Schülern auf Zulu unterhalten zu können.”

Wie viele Stunden unterrichten Sie wöchentlich?
“In meinem Amt als Schulleiter unterrichte ich natürlich weniger Stunden als ein normaler Lehrer, und so sind es 16 Stunden pro Woche. Mehr ist mir nicht möglich, da ich natürlich viel Zeit mit administrativen Aufgaben verbringe. Ein Schulleiter vereinigt viele Jobs in einer Person. So bin ich auf der einen Seite so etwas wie ein Vater für unsere Schüler, auf der anderen Seite bin ich Personalmanager. Es ist nicht leicht, Lehrer für unsere Schule zu gewinnen, denn unsere Region ist nicht sehr attraktiv für Akademiker. Das verlangt viel Überzeugungsarbeit. Für meine Kollegen bin ich der Chef. Und dann bin ich ja noch ganz normaler Lehrer. Und da alles zusammen sehr viel Zeit in Anspruch nimmt, korrigiere ich Arbeiten meiner Schüler meist sonntags.”

Was schätzen Sie besonders an Ihrer Schule?
“Ich liebe die persönliche und vertraute Atmosphäre. Unsere Schüler sind dankbar, dass sie die Möglichkeit haben, Bildung zu erlangen. Natürlich ist diese Dankbarkeit auch darauf zurückzuführen, dass die erste Generation an der Bonga-Schule aus Verhältnissen stammt, in denen es keine Schulbildung gibt und Analphabetismus weit verbreitet ist. Ich liebe es zu unterrichten und mein Wissen diesen jungen Menschen weitergeben zu können. Natürlich muss das Lernen mit einer gewissen Ernsthaftigkeit geschehen, aber genauso gehört auch Freude zum Unterrichtsalltag. Das Lachen hat einen großen Stellenwert bei uns und gehört genau wie das Lernen zum Schulleben dazu.”

Wodurch ist der Alltag an Ihrer Schule besonders geprägt?
“Der Umgang miteinander ist sehr harmonisch. Sowohl Lehrer als auch Schüler sind sehr kontaktfreudig und suchen stets das Gespräch. Die Lehrer sind für die Schüler da und andersherum kommen die Schüler zu den Lehrern, wenn sie Probleme haben. So ist das Verhältnis zwischen Lehrern und Schülern von gegenseitigem Respekt geprägt.”

Wann fängt der Unterricht bei Ihnen an?
“Normalerweise fängt die Schule um 7:30 Uhr an. Viele Schüler haben einen sehr weiten Schulweg. Einige haben einen Fußmarsch von mehr als zwei Stunden zur Schule zurückzulegen. Bevor sie zur Schule gehen, müssen sie zum Teil sogar noch für die Familie arbeiten, indem sie zum Beispiel zu einer Wasserquelle gehen und Wasser holen. So stehen einige Schüler jeden Morgen um 4 Uhr auf. Viele kommen ohne Frühstück. Schulbusse wie hier in Deutschland gibt es bei uns nicht. An unserer Schule beginnen wir dann mit einem Gebet auf dem Schulhof, an dem alle Schüler teilnehmen. Außerdem gibt es die Gelegenheit mit uns Lehrern über Probleme zu sprechen. Mir als Schulleiter hilft dieser Schulbeginn, den Überblick zu bewahren und den Kontakt zu den Schülern zu pflegen. Denn in meinen 16 Stunden Unterricht in der Woche habe ich natürlich nur mit einem Teil unserer Schüler zu tun.”

Wie viel Fächer belegen die Schüler?
“An unserer Schule sind es sieben Fächer. An Privatschulen ist die Anzahl höher, dort sind meist acht bis neun Fächer zu belegen.”

Wie viele Lehrer arbeiten an Ihrer Schule?
“Momentan beschäftigen wir 23 Lehrer, aber in Zukunft sollen unbedingt noch weitere hinzukommen. Eine Unterkunft für Lehrer, die wir anstreben, soll ein zusätzlicher Anreiz für Lehrer sein, sich für unsere Schule zu entscheiden. Sie können dann schulnah übernachten und leben. Wir versuchen mit diesen Wohnungen den Lehrermangel zu entschärfen und hoffen neue Lehrer gewinnen zu können.

Welche Eigenschaften machen für Sie einen guten Lehrer aus?
“Das ist eine schwierige Frage. Ich denke, ein Lehrer sollte für seine Schüler wie ein Vater oder eine Mutter sein. Er sollte versuchen, seine Umwelt möglichst positiv zu beeinflussen und als Vorbild zu fungieren. Ein Lehrer sollte versuchen ein liebvolles und respektvolles Verhältnis zu seinen Schülern aufzubauen. Das setzt natürlich Interesse an dem Schüler als Mensch voraus. Ein Lehrer sollte die Probleme der Kinder ernst nehmen. Wenn Kinder sich dem Lehrer anvertrauen, sollte dieser nicht nur zuhören, sondern er sollte auch ehrliche Anteilnahme vermitteln. Ein guter Lehrer steht über den Dingen und ist stets ruhig und bedacht. Es ist selbstverständlich, dass ein guter Lehrer seine Pflichten nicht vergisst und sich immer ordentlich auf seinen Unterricht vorbereitet.”

Was erwarten Sie von den Schülern und Schülerinnen?
“Ich erwarte in erster Linie anständiges Benehmen und Respekt gegenüber allen anderen, Schülern wie Lehrern. Außerdem sollten Schüler ihre Arbeit lieben. Sie sollen die Chance erkennen, die sie durch Bildung bekommen.”

Was ist der größte Unterschied zwischen dem SGO und der Bonga School?
“Der größte Unterschied ist, dass am SGO jede Klasse ihren eigenen Klassenraum hat, denn bei uns gehen die Schüler zu den Lehrern in die entsprechenden Räume und hier ist es genau umgekehrt. Aber auch die Lehreranzahl liegt deutlich über der unseren. Somit sind die Klassenstärken hier viel kleiner. Bei uns haben wir in der Regel Klassen mit 50-60 Schülern. Zudem herrscht in Deutschland im Gegensatz zu Südafrika Schulpflicht, was ich sehr gut finde. So wird hier viel mehr Menschen der Weg zur Bildung geebnet. Bei uns ist es immer noch vielen Kindern nicht möglich eine Schule zu besuchen. Häufig müssen die Kinder in den Familien mithelfen. Viele haben auch ihre Eltern vor allem durch Aids verloren. Dann wird häufig der älteste Sohn zum Familienoberhaupt und muss die Geschwister versorgen. Ein Schulbesuch ist dann nicht mehr möglich. Ein weiterer großer Unterschied ist die Schuluniform, die an unserer Schule getragen wird. Hier am SGO ist jeder individuell gekleidet. Für unsere Schüler ist eine Uniform sehr wichtig, denn dadurch sind alle gleich, egal, aus welchen Verhältnissen sie kommen. So kann man keinem Schüler ansehen, dass er aus sehr armen Verhältnissen kommt.”

Was sind Ihre Zukunftspläne für die Bonga School?
“Mir ist es sehr wichtig unsere Bücherei zu erweitern, die momentan leider noch relativ klein ist und nur wenige Bücher enthält. Aber auch der Computerraum soll weiter ausgebaut werden. Er eröffnet den Schülern die Möglichkeit, mit anderen Menschen aus fremden Ländern per Internet Kontakt aufzunehmen. So würde ich mir wünschen, dass sich Schüler vom SGO und Schüler unserer Schüler über Internet austauschen und sich die beiden Kulturen näher kommen.”

Was muss dringend an Ihrer Schule verändert werden?
“Wir haben zwar vor Jahren unseren Feuerplatz überdacht und somit eine Art Küche errichtet, aber die Kapazitäten sind begrenzt. Wir würden gerne die Versorgung mit Essen in der Schule ausbauen, denn viele der Schüler kommen aus sehr armen Verhältnissen. Sie kommen ohne Frühstück und sind auf ein Mittagessen angewiesen.”

Rebecca Baberg und Mona Schlieper